c. Überarbeitung

»Der erste Entwurf von allem ist Scheiße.«123

– Ernest Hemingway

Du solltest nun den ersten Entwurf vor Dich legen und überarbeiten. Die Arbeit von Mr. Spock, Deiner kritischen Stimme, besteht darin, alles herauszufiltern, was nicht funktioniert. Alles, was aufgesetzt und bei den Haaren herbeigezogen wirkt, fliegt raus. Alle Überraschungsmomente, die vorhersehbar sind, haben hier nichts verloren.

Manchmal befinden sich Teile einer Geschichte einfach an der falschen Stelle. Versuche, glaubhafte Übergänge zwischen den Krisen und Situationen zu entwickeln. Ist es möglich, dass eine überwundene Krise eine neue auslöst? Werden Objekte oder Personen, die später in einer Situation auftauchen und eine wichtige Rolle einnehmen, eingeführt?

Bei The Robbery habe ich einiges hin- und hergeschoben, damit die Situationen aneinanderpassen. Recht früh wird ein Hund vorgestellt, der an einer kurzen Leine in der Luft baumelt, weil sein Herrchen als Geisel in einem Banküberfall die Hände hochnehmen muss. Als der zweite Bankräuber auftaucht erschrickt der sprichwörtliche Hundehalter. Er lässt die Leine los und das Tier fällt zu Boden. Etwas später streiten die beiden anwesenden Ganoven sehr lange. Eine der Geiseln nimmt die Hand herunter und sieht ungeduldig auf ihre Armbanduhr. Die Kamera fährt von dieser Einstellung weiter nach unten. Am Boden sitzt der zuvor eingeführte Hund, der auf seine Taschenuhr sieht. Das Tier beobachtet ebenfalls die streitenden Bankräuber. Einer von ihnen fuchtelt besonders mit den Armen herum. Der Hund hält die Waffe in seiner Hand daher fälschlicherweise für einen Knochen. Was für ein netter Mann! Das Tier springt los und verschluckt die Pistole und den rechten Arm des Bankräubers. Jener drückt ab und erschießt den Hund. Der laute Schuss alarmiert eine vorbeifahrende Polizeistreife. Die Kollegen sind sofort da. Und so weiter. Die Ereignisse gehen ineinander über. An dieser Stelle der Storyentwicklung wird viel gelöscht, hinzugefügt und verschoben. Das ganze auf dem Computer zu erledigen eignet sich deshalb ganz gut.

Nach dem ersten Überarbeiten sollte die Geschichte besser sein, als in der ersten Version. Aber warte erstmal, bis du die dritte Fassung gesehen hast! Überarbeiten ist das ein und alles. Man trennt sich ungern von Ideen, aber manche müssen einfach gehen. Denke an Don Hertzfelds Worte: »Was Du herausnimmst ist oft wichtiger, als was Du drinnenlässt.«124 Du tust Dir keinen Gefallen, wenn Du Dir selbst etwas vormachst. Sei ehrlich und betrachte die Story mit dem strengen und kritischen Blick von Mr. Spock.125

Im Grunde genommen ist die letzte überarbeitete Version das Drehbuch. Es sollte so detailliert sein, dass man davon ausgehend direkt zum Storybord übergehen kann. So mache ich es jedenfalls und es funktioniert für mich gut.

Leider ist es nie abzusehen, wie lange der Entstehungsprozess einer Geschichte dauert, bis man bei dem Punkt angelangt ist, sie so und nicht anders umzusetzen. Oft entwickelt sich in diesem Prozess aus einer Idee heraus eine komplett neue Story. Wenn man wirklich in den Entstehungsprozess einer Geschichte oder egal welcher kreativen Arbeit vertieft ist und sich damit herumschlägt, aber noch nicht am Ziel ist, dann arbeitet das Unterbewusstsein weiter, auch wenn man etwas anderes tut.126 Ich habe die besten Ideen üblicherweise nach dem Aufstehen. Wo am Vortag noch ein schwarzes Loch war und absolut nichts weitergegangen ist, finde ich am nächsten Tag eine halbwegs ausgereifte Idee. Oder auch nicht. Wie gesagt, man kann es nicht vorhersagen, aber irgendwann ist die fertige Story da. So gerne ich das wollte, ich kann nicht sagen, wie oft man etwas umschreiben muss, um am Ziel zu sein. Diesen Punkt musst Du selbst finden.

Aufgabe